Haus der 1000 Uhren: Tradition und Moderne vereint – Stationärer Einzelhandel und digitale Technologien für den B2C-Markt

Das Haus der 1000 Uhren ist ein in mehreren Familiengenerationen geführter Traditionsbetrieb. Die Unternehmensgeschichte reicht bis ins Jahr 1870. Der Handel mit Kuckucksuhren aus dem Schwarzwald ist ein Nischenmarkt. Die Kuckucksuhr ist jedem bekannt und auch im Ausland äußerst beliebt, weshalb über Jahre ein weltweiter Vertrieb aufgebaut wurde. In dem langjährigen Fortbestehen des Unternehmens wurden zahlreiche Krisen überwunden. Auch in der Covid-19-Pandemie mussten innovative Lösungen her – eine davon ist die Augmented-Reality-App.

Text: Gorovoj, Fraunhofer IAO (Stand: Juni 2024)

Bereits vor der Markteinführung setzte die Geschäftsführung, bestehend aus Thomas und Sarah Weisser, sowohl auf die persönliche Beratung in einem der beiden Ladengeschäfte als auch auf den Onlinehandel. Davon ist Thomas Weisser überzeugt, weshalb er vor 20 Jahren den Entschluss gefasst hat neben dem Flächenhandel die Produkte den Kunden auch online anzubieten: „Wer im Handel erfolgreich sein will, der braucht eine Fläche, der braucht einen Onlineshop, der braucht beides und nicht nur das eine von beiden“. Ein hohes Interesse an technologischen Neuerungen gepaart mit dem Wunsch Kunden ein Einkaufserlebnis zu bieten, führten zunächst zu Experimenten mit der kostengünstigen und einfachen 3D-Modellierung per Photogrammmetrie und schließlich zu der Entwicklung einer VR-Applikation. Darin konnten Kunden virtuell in eine historische Werkstatt eintauchen und ihre eigene Schwarzwälder Kuckucksuhr bauen. Daraus entstand eine Attraktion, die auch auf Messen dabei half, das Geschäft und die Produkte zu visualisieren.

Die Corona-Pandemie stellte einen Einschnitt in der langjährigen Unternehmensgeschichte dar. Deren Folgen waren trotz dem Online-Vertriebsweg zu spüren: Die Läden mussten geschlossen bleiben, das Handling mit der VR-Brille wurde erschwert und zahlreiche Kunden blieben weg. Es musste eine Lösung her. „Wenn die Kunden nicht zu uns kommen, müssen wir versuchen das Einkaufen dem Kunden so angenehm und so einfach wie möglich zu machen“ – sagt Thomas Weisser. Eine Lösung: die Online-Videoberatung. Mit einem Smarthone sowie einem Gimbal ausgestattet, konnten Mitarbeitende in einer Live-Schaltung mit Kunden kommunizieren, die sich am anderen Ende der Welt befanden. Eine weitere technologische Neuerung war die Augmented-Reality-Applikation (AR-App). Ähnlich wie die großen Handelsunternehmen Kunden die Möglichkeit bieten, Produkte per Smartphone oder Tablet in den eigenen vier Wänden digital darstellen zu lassen, sollte dies auch mit Kuckucksuhren ermöglicht werden. Trotz der finanziell angespannten Situation wurde ein Entschluss zur Entwicklung der AR-App gefasst. Die dafür benötigten 3D-Modelle der Produkte standen bereits aus früheren Aktivitäten zur Verfügung. Gemeinsam mit einem lokalen IT-Partner wurde eine entsprechende Applikation für iOS- und Android-Geräte programmiert und Kunden in den jeweiligen Appstores zur Verfügung gestellt. Die Priorität lag dabei auf einer frühen Markteinführung, noch vor der fehlerfreien Funktionalität. Hierzu wurde die Funktionalität zunächst auf die Kernelemente, wie etwa AR-Darstellung, Onlineshopverknüpfung und Teilen-Funktion, reduziert. Zusätzlich wurden agile Entwicklungsmethoden genutzt, um eine schnelle Marktreife zu erlangen.

Das Unternehmen möchte weiterhin innovativ bleiben und seinen Kunden und deren Bedürfnissen gerechte Einkaufserlebnisse bieten. Insbesondere im internationalen Handel besteht ein hohes Bedürfnis nach Services wie After Sales, Kontakt und ein „Rund-um Wohlfühlfaktor“ im Vordergrund und dies wird durch digitale Tools vereinfacht. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand: Ortsunabhängigkeit, höherer Informationsgehalt, verbessertes Vorstellungsvermögen, Unterstützung in der Kaufentscheidung, positive Auswirkungen auf die Rücklaufquote und eine insgesamt verbesserte Kundenerfahrung durch das Einkaufserlebnis.

Die Fortführung eines solch traditionsreichen Betriebs erfordert ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl, da die Tradition zwar bewahrt werden muss, aber diese laut der Geschäftsführung zugleich kein Hindernis für Innovation sein darf: „Da müssen wir in Deutschland und auch wir beim Haus der 1000 Uhren aufpassen, dass wir nicht nur an der Tradition hängen. Tradition – ja, aber nur das, was uns auch nutzt. Die Tradition darf uns nicht aufhalten in der Zukunft schnell weiterzuentwickeln. Die Art des Verkaufens ist eine andere und da darf ich nicht daran festhalten, was ich gewohnt bin.“

Insgesamt hat sich die Einführung der AR-App gelohnt. Rückblickend hätte das Unternehmen noch etwas mehr Ressourcen in weitreichende Funktionalitäten mit mehr Features, einem Tracking-System und einer noch tiefergehenden Verknüpfung mit dem Onlineshop von Anfang an investieren sollen. Dies wird nun in der Weiterentwicklung der Applikation implementiert. Tipps der Geschäftsführung für andere Handelsbetriebe:

  • Nähe zu den Kunden entscheidend
  • Moderne Technologien spielen eine wesentliche Rolle
  • Nutzung des Omnichannel-Vertriebs und Öffnung für neue Technologien
  • Mut zum Experimentieren und auch zum Scheitern, Rückschläge überwinden und daraus lernen
  • Viele Daten führen zu vielen Chancen, keine Daten bergen wenig Chancen

Branche

Internationaler Handel und Tourismus (B2C)

Homepage

www.hausder1000uhren.de

Adresse

Weisser GmbH – Haus der 1000 Uhren
Hauptstraße 81
78098 Triberg

Kontakt

Sarah Weisser
Geschäftsführung

Telefon: +49(0)7722/9630-0
service@1000uhren.com

Mitarbeitende

25

Gründung

1870