Innovativ in Familienhand

Omni-Channel Retail im inhabergeführten stationären Einzelhandel

Das Schuhhaus Kaufmann zählt seit seiner Gründung 1923 zu den größten Schuh-Fachgeschäften in der Region Heilbronn. Seit jeher befindet sich das Unternehmen in Familienbesitz und wird mittlerweile in vierter Generation geleitet. Der Weg in Richtung Omni-Channel Handel wurde bereits einige Jahre vor der Corona-Pandemie gestartet. Konsequent wird dieser Ansatz durch ergänzende intelligente Systeme weiter ausgebaut und stetig verbessert.

Lange Jahre lag der Fokus des Schuhhaus Kaufmann im klassischen stationären Einzelhandelsgeschäft. Über die Jahre wurde expandiert und in neue Filialstandorte investiert, bevor das Geschäft im heutigen Stammhaus in der Fleiner Straße in der Heilbronner Innenstadt gebündelt wurde. Das Hauptgeschäft ist der Handel mit Damen-, Herren und Kinderschuhen. Die besondere Herausforderung dabei: Schuhe müssen bis zu einem Jahr im Voraus bestellt und bezahlt werden. Dies führt nicht nur zu einem hohen Lagerbestand, sondern führt mit einem großen Sortiment auch zu einer hohen Kapitalbindung und birgt damit ein hohes finanzielles Risiko. Die Zwischenfinanzierung in hohen 6-stelligen Beträgen muss gewährleistet und nicht abgesetzte Schuhe müssen nach der Saison stark reduziert verkauft werden. Da verlässliche Daten beispielsweise aus einem Warenwirtschaftssystem nicht bzw. nicht akkurat genug vorhanden waren, hat sich die Geschäftsführung lange Zeit auf die Erfahrung und das Bauchgefühl verlassen. Auch die Prozesse waren praktisch geprägt, der Bestand wurde manuell erfasst und durch händische Inventuren abgeglichen. Mit Eintritt der vierten Generation 2014 bot sich allerdings eine neue Chance, die genutzt wurde: Während die Eltern weiterhin das operative Tagesgeschäft führten, konnte sich der Sohn, Johannes Nölscher, mit voller Rückendeckung der digitale Neuausrichtung widmen.

 

Der Transformationsprozess gliederte sich in drei wesentlichen Phasen. Der Wandel umfasste neben der Einführung eines systemseitigen Warenwirtschaftssystems, die Ein- und Anbindung eines Onlineshops und zuletzt die Optimierung sowie Standardisierung der Prozesse. Anhand dieser Phasen wird der Weg des Schuhhaus Kaufmann in Richtung Omni-Channel nun nochmals genauer dargestellt.

  1. Einführung Web-basiertes Warenwirtschaftssystem
    Zu Beginn wurde ein Web-basiertes Warenwirtschaftssystem für den Handelsbetrieb eingeführt. Die Besonderheit: das System ermöglicht die Verarbeitung der Daten in Echtzeit. Sobald Zu- oder Abgänge elektronisch erfasst werden, verändert sich der Bestand auch im System und ist damit immer aktuell. Eine wichtige Rolle spielte hierbei auch die Pflege der Stammdaten. Jene Daten, welche die allgemeinen Informationen zum Artikel wie Material und Beschreibung, aber auch Lieferantendaten und Lieferzeiten enthalten. Zudem lassen sich Bilddateien zu dem jeweiligen Artikelstamm zuordnen.
  2. Erste Schritte im Online-Handel
    Nach Einführung des Warenwirtschaftssystems und der damit einhergehenden Möglichkeit zur elektronischen Bestandsführung war die Basis für das Erschließen neuer Absatzkanäle geschaffen. In dieser zweiten Phase wurden Partnerschaftliche Kooperationen mit Online-Handelsplattformen aufgebaut, über welche der Verkauf der Ware fortan zusätzlich über das Internet abgewickelt werden sollte. Dies umfasste neben betriebswirtschaftlichen Regelungen wie Vertrags- und Preiskonditionen auch die Kommunikation zwischen dem Warenwirtschaftssystem des Schuhhaus Kaufmann mit denen der Online-Plattformen. Mittels standardisierter Schnittstellen („API“ genannt), werden vorher festgelegte Informationen wie beispielsweise Artikeldaten, Bilder und Warenbestände automatisiert zwischen den beiden System ausgetauscht. Zudem mussten die internen Prozesse und Abläufe für die Kommissionierung der Artikel für den Onlineversand festgelegt und Paketdienstleister für die Abholung der Ware ausgewählt werden.  
  3. Prozessoptimierung & -standardisierung
    Nachdem der Online-Absatzkanal etabliert werden konnte, wurden alle Prozesse überprüft und angepasst. So wurde zum Beispiel in ein neues Kamerasystem mit Anbindung an das Warenwirtschaftssystem investiert. Dieses System schießt automatisiert eine größere Anzahl von Bildern, erstellt eine 360-Grad Ansicht des Schuh und speist die Bilddatei im Anschluss automatisch in das Warenwirtschaftssystem ein. Daneben wurden die Abläufe bei der Kommissionierung weiter standardisiert und durch zusätzliche Programmierung teilweise durch automatisierte systemseitige Prozesse ersetzt. So muss die Bestellnummer nicht mehr manuell gesucht werden, sondern wird durch ein System im Hintergrund automatisiert nach dem Kommissionieren gefunden. Dadurch konnte auch der Druck des Versandlabels und die Generierung der Versand- und Tracking-E-Mail automatisiert werden. Zuletzt wurde ein intelligentes Pricing-Tool für den Onlinevertrieb eingeführt. Das IT-Tool scannt dabei mehrmals stündlich die Preise im Internet und passt basierend auf einem vorher definierten Preiskorridor die Preise für die angebotenen Artikel nach oben oder unten an. Wird zum Beispiel ein günstigerer Preis gefunden, welcher sich noch im vom Händler definiertem Preisrahmen befindet, reduziert die Software den Preis automatisch um wenige Cent unterhalb des aktuell niedrigsten Preisangebots.

Im Laufe der Zeit konnte der Absatz über den Online-Kanal immer weiter ausgebaut werden und hatte zu den Hochzeiten von Corona und Lockdown rund ein Drittel des Gesamtumsatzes ausgemacht. Die deutlich höhere Reichweite mit einem einhergehenden größeren Kundenstamm sowie einer 24/7 Einkaufsmöglichkeit für den Kunden machen diesen Zuwachs möglich. Hinzu kommt ein höherer Datenbestand durch das ERP-System, welcher eine deutlich bessere Planungsgrundlage darstellt. Durch eine Anreicherung dieser Daten durch Einbindung weiterer Sensorik und Daten wie beispielsweise eines Frequenzmessers und der aktuellen Wetterdaten des Standortes Heilbronn werden tiefergreifende Analysemöglichkeiten erschlossen und können aktiv für die Absatz- und Personalplanung durch den Händler genutzt werden.

Branche

Schuheinzelhandel

Homepage

www.schuh-kaufmann.de

Adresse

Schuh Kaufmann GmbH,
Fleiner Straße 20
74072 Heilbronn

Kontakt

Johannes Nölscher, Geschäftsführer
Telefon: +49 (0) 7131 99-510
johannes.noelscher@schuh-kaufmann.de

Mitarbeitende

1

Gründung

1923